Seit einigen Tagen sind im Kaffeehaus SAMOCCA neue Speisekarten zu finden. Das Besondere daran: Ab sofort handelt es sich um barrierefreie Karten, die sowohl Menschen mit als auch ohne Behinderung nutzen können. Darüber hinaus wurde die Speisekarte zusätzlich in Brailleschrift übersetzt, damit Menschen mit einer Sehbehinderung die Karte lesen können.
Wie liest ein Mensch mit Sehbehinderung eigentlich eine Speisekarte? Wie kann ein Analphabet aus den vielen Speise- und Getränkeangeboten etwas auswählen?
Mit genau diesen Fragen beschäftigte sich Katrin Hinternesch als unsere Projektkoordinatorin für Gelingende Kommunikation. Dafür schaute sie sich die Speisekarten des Kaffeehauses Samocca genauer an; recherchierte, wie es in anderen Lokalitäten gehandhabt wurde und merkte schnell, dass es leider kaum Referenzbeispiele gibt.
Klar ist: Teilhabe bedeutet, dass alle Informationen im Sozialraum für alle zugänglich sind. Denn nur so ist eine souveräne Nutzung überhaupt möglich. Die Idee war geboren und Katrin erstellte einen Fahrplan für Barrierefreie Speisekarten in Absprache mit unseren SAMOCCA-KollegInnen. Ihnen war eine leichte Reinigung der Karte wichtig, wie auch die Möglichkeit einzelne Seiten bei Änderungen leicht austauschen zu können. Es sollten zwei Varianten erstellt werden - eine Speisekarte in der sogenannten Blindenschrift (Brailleschrift) und eine Karte mit Symbolen und Fotos für alle weiteren Gäste. Für die Konzeption und Umsetzung haben wir intensiv mit der inklusiv ausgerichteten Kommunikationsagentur Tollwerk zusammengearbeitet. Das zentrale Anliegen von Tollwerk ist es, Unternehmen darin zu unterstützen, ihre Botschaften so zu gestalten, dass sie alle Menschen erreichen. Dafür beraten, entwickeln und kombinieren sie barrierefreie Kommunikation mit prägnantem Design und raffinierter Technik.
In einem anregenden Blogbeitrag (https://tollwerk.de/blog) beschreibt der federführenden Print- und Kommunikationsdesigner Bertram, dass Barrierefreiheit (…) in diesem Projekt auf mehreren Ebenen gedacht wurde: Für die Café-Suchenden sollten die Informationen der Speisekarte vor allem gut wahrnehmbar und verständlich sein. Zusätzlich sollte es eine Handvoll Speisekarten in Braille-Schrift geben, die von Wilhelm Lutzenberger von Pro Tak, ebenfalls aus Nürnberg, umgesetzt wurde. Die barrierefreie Gestaltung folgte dem Grundprinzip Reduktion auf die wesentlichen Informationen und das Weglassen von Überflüssigen. Weiter beschreibt er, dass bei der Farbgebung ein ausreichender Kontrast wichtig sei und dass er zur Orientierung alle inhaltlichen Abschnitte zusätzlich mit Icons versehen habe. „Diese dienen auch dazu, die unterschiedlichen Fleischsorten sowie vegetarische Gerichte auszuzeichnen“, erklärt er in seinem Beitrag.
Alle Texte wurden in Leichter Sprache verfasst. Darüber hinaus sorgen aussagekräftige Fotos für zusätzliche Orientierung. Im Vorfeld haben sich alle Beteiligten viele Gedanken gemacht, wie man die Gerichte für alle Gäste gut darstellen kann. So wurde z.B. jedes Gericht einzeln fotografiert und zur weiteren Erklärung mit den jeweiligen Bestandteilen dekoriert. Neben einem Bagel wurde so Tomate-Mozzarella gelegt, um den Inhalt deutlich zu machen oder aber Erdbeeren neben einem Milchshake-Glas platziert.
Wir freuen uns sehr, ab sofort auch in der Gastronomie mit einem gutem Bespiel Teilhabe für alle voranzubringen. Die aktuelle Speisekarte ist hier zu finden!